15.2.2015
Der Neurobiologe Prof. Dr. Gerald Hüther sagt in der Folge 13 der Dokumentation Auf den Spuren der Intuition (in der 3. Minute) wortwörtlich:
"Ich habe seit vielen Jahren das Gefühl (die Intuition), dass wir eigentlich gar kein Erkenntnisdefizit haben. Also … das ist auch sowas. Aus dem vorigen Jahrhundert schleppen wir das noch rum, diese Vorstellung, wenn wir jetzt nur die richtige Pille fänden oder wenn wir jetzt nur die richtige Erkenntnis über´s Hirn hätten, dann würde alles gut. Ich glaube, das ist längst vorbei. Wir wissen so viel, wie wir es machen müssten, damit es anders würde, und machen es nicht anders. Was wir also haben, ist nicht ein Erkenntnisdefizit. Wir haben ein Umsetzungsdefizit! Wir kommen mit diesem wunderbaren Wissen, was wir haben, nicht zu Potte."
Gestern habe ich mich gefragt: "Wenn er sagt, dass wir Menschen ein Umsetzungsdefizit haben, und wenn ich danach suche, wie man die Resonierenden Empfindungen der breiten Gesellschaft bekannt machen könnte, ... wie passt das eventuell zusammen?"
Kurz nachdem ich mir beim Autofahren diese Frage gestellt hatte, kam mir auch schon die Antwort.
Ich erlebe übrigens immer, dass ich ein Problem meistens nicht selbst lösen kann, wenn mir zu meinem Problem keine passende Frage einfällt. Formuliere ich aber eine konkrete Frage, dann gibt mir meine innere Stimme sehr oft und ganz schnell eine passende Antwort dazu. So auch dieses Mal.
Nur einmal angenommen, meine These stimmt, dass wir permanent im Alltag in "Aufstellungen" leben, die sich gegenseitig überlagern. Also: Ich gebe meinem Umfeld unbewusst Stellvertreterrollen, in dem ich in die Menschen um mich herum projiziere, wie sie wohl seien. Ich projiziere meine persönliche Sichtweise von diesen Menschen auf sie. Diese Menschen stehen meiner Projektion unbewusst zur Verfügung und rutschen dadurch unabsichtlich in Stellvertreterrollen, fühlen also Gefühle oder spüren Handlungsimpulse in sich, die meinen Projektionen entsprechen. Umgekehrt gilt das gleiche - sogar gleichzeitig. Andere Menschen sehen in mir etwas, was sie in mich projizieren, und ich fühle dazugehörige Resonierenden Empfindungen - bewusst oder unbewusst. Ich merke, ich kann nicht wirklich authentisch "ich selbst" sein. Irgendwie verhalte ich mich unter der Beobachtung des anderen Menschen anders, als ich mich kenne.
Angenommen also, das wäre tatsächlich so.
Wenn ich mir nun unter der Beobachtung eines anderen Menschen vornehme, etwas zu tun, das nicht in das Bild des anderen Menschen passt, entweder weil es dem anderen unangenehm wäre oder weil es gar nicht zu seinem eigenen Verhaltensprogramm oder seinem allgemeinen Weltbild passt - oder weil es nicht zu dem Bild passen würde, das der andere sich von mir gemacht hat, dann ist es doch logisch, dass mir die Umsetzung meines Vorhabens irgendwie schwer fällt.
So erkläre ich mir, dass wir Menschen es schwer haben, bestimmte Dinge wirklich in die Tat umzusetzen. Uns fehlt aus unserem Umfeld die "uns unterstützende" Projektion.
Es ist bereits wissenschaftlich nachgewiesen, dass Kinder in der Schule besser arbeiten und mit mehr Freude lernen, wenn der Lehrer in seine Schüler viel Potenzial projiziert, wenn er davon ausgeht, dass sie es schaffen werden. Projiziert ein Lehrer auf seine Schüler, dass sie das sowieso nie schaffen werden, oder fehlt einem Lehrer das Zutrauen in sich selbst und ist damit auch nicht in der Lage, Zutrauen in seine Schüler zu fühlen, dann verlieren die Schüler unter so einer destruktiven Beobachtung ihre Freude und ihre Leistungsfähigkeit.
Ein weiteres Beispiel aus meinen Aufstellungserfahrungen: Es kommt ab und zu vor, dass ich während eines abendlichen Aufstellungsworkshops (Freie Systemische Aufstellungen) beim Beobachten allmählich müde werde, meine Energie verliere, lustlos fühle. Ich denke, dass es "meine" Müdigkeit ist, weil der Tag bisher so anstrengend war. Bei der dritten Aufstellung am Ende des Abends fragt mich die aufstellende Person, ob ich eine bestimmte Stellvertreterrolle verdeckt (ohne zu wissen, welche Rolle es ist) übernehmen möchte. Ich stimme zu, quäle mich zunächst von meinem Sitz hoch und merke, wie ich innerhalb kürzester Zeit viel Energie und Freude fühle. Meine Müdigkeit ist wie weggeblasen und ich fühle mich wie verwandelt - ohne dass ich mich auf irgendeine Weise dazu "zwingen" muss. Diese Energie kommt ganz von selbst. Ich gehe motiviert und energievoll durch den Raum - bis zum Ende der Aufstellung. Hinterher teilt mir die aufstellende Person mit, dass die Rolle, die sie in mich projiziert hatte, die Rolle eines sehr ausgeglichenen und motivierten Menschen sei.
Auch nach der Aufstellung bleibe ich noch eine Weile ausgeglichen und energievoll. Ich fühle Begeisterung über diese Rolle und meine darin erlebten Gefühle.
Ich behaupte also:
Wir Menschen können unser Umsetzungsdefizit in den Griff bekommen, wenn wir beginnen, gegenseitig auf uns positive und energievolle Rollen zu projizieren.
Nachdem mir das gestern klar geworden ist, haben Jacqueline und ich das gleich ausprobiert. Und es hat wundervoll funktioniert - und funktioniert immer noch gut.
Wir haben als Vorbereitung dazu eine Aufstellung gemacht und uns bezogen auf ein bestimmtes Ziel gefragt: Welche Rolle soll Person A in Person B projizierten, damit Person B sich bezogen auf dieses Ziel besonders motiviert und energievoll und voller Freude fühlt?
Wir haben verschiedene Rollen durchprobiert und dann die Rolle gewählt, die in der Aufstellung die stärkste positive Wirkung zeigte.
Im Alltag gibt es dann zwei Möglichkeiten:
Person A erinnert sich daran, welche "Rolle" sie in Person B sieht.
Und Person B erinnert sich daran, welche "Rolle" sie gerade für Person A spielt.
Dabei kann die Motiviation auch zu fühlen sein, während die andere Person nicht anwesend ist.
Beispiel: Mein Ziel ist es, mit meinem auf dieser Website ausführlich formulierten Ziel erfolgreich zu sein.
In der Aufstellung fragten wir uns also: Welche Rolle muss Jacqueline in mich projizieren, damit ich mich in unserem Kontakt und auch allgemein besonders motiviert und frei und voller Potenzial für dieses Ziel fühle?
Es gab mehrere Möglichkeiten:
1. "Der erfolgreiche Olaf"
2. "Der Olaf, den Jacqueline jetzt sowieso schon in Olaf sieht."
3. "Der Olaf, den Jacqueline gerne in Olaf sehen möchte."
4. "Der intuitive Olaf"
Ich fühlte mich verdeckt in die unterschiedlichen Rollen ein, d. h. ich wusste nicht, welche Rolle Jacqueline mir gerade gab. Sie projizierte eine der Rollen auf mich und ich fühlte nach, wie es mir dabei ging.
Dabei hatte die Rolle Nr. 3 die beste und klarste Wirkung auf mich.
Wenn ich mich also jetzt im Alltag meinem Ziel zuwende, mache ich mir bewusst, dass ich von Jacqueline die Rolle bekommen habe: "Der Olaf, den Jacqueline gerne in Olaf sehen möchte."
Dabei müssen wir nicht genau wissen - und es muss auch nicht formuliert sein, welchen Olaf Jacqueline gerne sehen möchte. Das haben wir einfach offen gelassen. Allein der Gedanke an diese Rolle motiviert mich und lässt mich immer wieder gut und energievoll fühlen. Außerdem werde ich seitdem auch viel schneller aktiv, z. B. morgens beim Aufstehen.
Wir haben dieses Experiment noch auf ein anderes privates Thema übertragen, das ich hier nicht veröffentlichen möchte, kann aber berichten, dass wir dort genauso Erfolg hatten und uns diesbezüglich jetzt viel besser, freier und wohler fühlen. Wir haben mit Hilfe einer Aufstellung herausbekommen, welche Rollen wir uns gegenseitig am besten geben - und mit diesen Rollen können wir ein gemeinsames Ziel mit viel Freude angehen.
Auf diese Weise können wir Menschen unser Umsetzungsdefizit lösen!
Jetzt kommt es "nur" noch darauf an, Menschen zu finden, die bereit sind, auf andere Menschen positiv zu projizieren und "energievolle Rollen" zu verteilen.
Je mehr Menschen von diesem Resonanz-Effekt wissen und ihn positiv einsetzen, um so stärker wird unsere Umsetzungskraft in unserer Gesellschaft.
Genau deswegen bin ich auf dieser Website aktiv!
Ich behaupte also generell für unsere Gesellschaft:
Wir sollten nicht daran arbeiten, wie wir die Umsetzungsenergie für unsere Ziele optimieren können, sondern wir sollten daran arbeiten, wie wir unsere gegenseitige Rollengebung optimieren können!
Dabei müssen wir im Alltag immer wieder individuell neu schauen: Welche Rollengebung motiviert jetzt gerade optimal?
Tipp für den Alltag: Suche dir einen Menschen, der bereit ist, in dich genau die Rolle zu projizieren, die dich bezogen auf ein bestimmtes Ziel am meisten motiviert.
Dabei ist es wichtig, dass Ihr das zu zweit herausbekommt. Denn es spielt dabei eine Rolle, welche Rolle der andere gerne in dich projizieren möchte, als auch, in welche Rolle du vom anderen liebend gerne "gesteckt" wirst. Welche Rolle fühlt sich für dich so richtig gut an? Das hängt ganz stark von der Kombination Eurer beiden Persönlichkeiten ab und ist nicht auf alle menschlichen Kontakte übertragbar. Jeder Kontakt ist individuell unterschiedlich und benötigt entsprechend individuelle Rollen.
Habt Ihr die Rollen herausbekommen, die Euch in Eurem Kontakt gegenseitig motivieren, dann beobachte im Alltag, wie du dich innerhalb dieser Rolle fühlst und wie aktiv und freudvoll du auf dein Ziel zugehen kannst.
Es können Menschen aus deinem Familienkreis sein oder Freunde oder auch nur gute Bekannte. Probiere es aus. Probiere auch aus, ob man direkten Kontakt benötigt oder ob es auch über die Entferung funktioniert.
... dabei fällt mir jetzt gerade noch ein: Wie ist das bei Verliebten? Passiert da nicht genau das, was ich hier gerade beschrieben habe? Beide projizieren in den anderen, dass er die/der "Richtige" ist? Und fühlt sich das nicht für beide super gut an?! Die Rolle des "Richtigen" haben zu dürfen!
So lange, bis dann bei vielen Paaren die negativen (unerlösten) Projektionen aus der Vergangenheit wieder getriggert werden und die Verliebtheitsprojektion allmählich verschwindet ...
Außerdem kann ich mir mit dieser Sichtweise auch sehr gut erklären, warum wir Menschen von unserem Umfeld "Anerkennung" wünschen. Allein die positive Projektion auf uns in Form einer Anerkennung fühlt sich viel besser an, als wenn wir keine "Rolle" spielen. Viele Menschen wollen sich von dem Wunsch nach Anerkennung unabhängig machen, sehen diesen Wunsch als ein eigenes "Problem", als ein persönliches "Defizit", weil sie meinen, durch diesen Wunsch verletzbar zu sein.
Doch nun sehen wir, dass wir sowieso permanent gegenseitig voneinander abhängig sind und in unseren Gefühlen immer aufeinander reagieren. Daher ist der Wunsch, sich im Kontakt mit anderen Menschen einfach gut fühlen zu dürfen, aus meiner Sicht ein absolut natürlicher und menschlich "korrekter" Wunsch. Wir wünschen uns immer "Leidfreiheit" - und dies kann durch einen anerkennenden Blick eines anderen Menschen schnell erfüllt werden.
Eine Leserin reagierte auf diesen gestern geschriebenen Text und fragte mich sinngemäß, warum wir nicht nur die positiven, sondern auch die negativen Rollen, die auf uns projiziert werden, genauso annehmen und uns darin unwohl fühlen.
Denn wenn jemand etwas Schmerzvolles und damit Negatives in uns projiziert, fühlen wir uns auch entsprechend schlecht.
Die Leserin schrieb weiter: "Aus der buddhistischen Philosophie kenne ich, dass z.B. der Lehrer die Fähigkeit hat, all die Potentiale in seinen Schülern zu sehen, ... deren reine Buddha-Natur sozusagen.
Wieso können wir uns nicht selbst in unserer wahren Buddha-Natur sehen?"
Meine Antwort darauf:
Zuerst einmal spielen die Hierarchien eine große Rolle, wie ich schon auf der Seite am 14.1. schrieb. Wer steht wem zur Verfügung? Derjenige, der einem anderen zur Verfügung steht, nimmt entsprechende Resonierende Empfindungen wahr, die aufgrund von Projektionen (Rollengebungen) vorhanden sind. Deshalb kann ein Lehrer auf die Schüler viel Potenzial projizieren und die Schüler fühlen sich in der entsprechenden Potenzial-Rolle und entwickeln sich dieser Rolle entsprechend.
Will man aber nicht zur Verfügung stehen, muss man die gerade vorhandenen Hierarchien ändern. Und das kann z. B. dadurch geschehen, indem man für sich selbst entscheidet, dem Gegenüber für seine Rollengebung nicht weiter zur Verfügung zu stehen, als auch indem man mit dem anderen Mitgefühl entwickelt - und zwar mit der Ursache, die dazu geführt haben muss, dass derjenige nun negative Projektionen in sein Umfeld sendet. Was muss der andere Schmerzvolles erlebt haben, so dass er jetzt mit solchen schmerzvollen Projektionen lebt?
Das bedeutet aber nicht, dass man das Unangenehme dann nicht mehr fühlt - man sortiert das Gefühl nur anders ein, eben als "Mitgefühl" und als "Resonanz" zu den schmerzlichen Erlebnissen des anderen. Man nimmt es nicht mehr persönlich.
Ich behaupte: Resonanz ist immer stärker als Ausgeglichenheitsgefühle. Solange ich mich in Kontakt zu einem Menschen begebe, solange spüre ich auch die Resonanz unseres Kontaktes. Und wenn diese Resonanz schmerzvoller Natur ist, fühle ich auch Schmerzvolles. In dieser Wahrnehmung kann ich keine Ausgeglichenheitsgefühle entwickeln.
Nur wenn ich meine Aufmerksamkeit auf etwas anderes richte und den Kontakt zu diesem Menschen auf diese Weise beende, mich also z. B. auf mein Ideal-Ich konzentriere oder zu einem anderen Menschen in Kontakt gehe, dann ändert sich auch meine Resonierende Empfindung.
So wie ich immer Blau sehe, wenn ich meine Augen auf eine blaue Fläche richte. Wenn ich Orange sehen möchte, aber weiter mit meinen Augen die Aufmerksamkeit auf die blaue Fläche richte, sehe ich auch weiterhin das Blau. Ich muss meine Augen konkret auf eine orangene Fläche richten, um das gewünschte Orange wahrnehmen zu können.
Will ich mich also in einem Kontakt zu einem Menschen wohl fühlen, dann muss ich mir einen Menschen suchen, bei dem sich dieser Kontakt wirklich gut anfühlt. Im Kontakt mit einem Menschen, der auf mich Schmerzvolles projiziert, werde ich mich immer schlecht fühlen, solange ich meine Aufmerksamkeit auf ihn richte.
Das Ziel, in sich selbst seine wahre Buddha-Natur zu sehen, ist meines Erachtens nur erreichbar, wenn man dabei nicht seine eigene Fähigkeit ausschließt, die Resonierenden Empfindungen zu den Projektionen anderer Menschen erspüren zu können.
Wenn man der Tatsache zustimmt, dass man mit seinen Augen immer die Farbe wahrnimmt, auf die man seine Aufmerksamkeit gerichtet hat, und wenn man der Tatsache zustimmt, dass man in seinem Gefühl immer die Resonanz wahrnimmt, mit der man gerade in Kontakt steht, dann kann man DAHINTER seine wahre Buddha-Natur erkennen: seine Fähigkeit, zu allen Schwingungen in Resonanz schwingen zu können. Das ist eine unglaubliche Fähigkeit, die wir da haben. Nur - die "fühlt" sich eben nicht immer "gut" an ... was aber nicht an einem selbst liegt, sondern einfach daran, dass man gerade Schmerz wahrnimmt.
Wenn wir uns schlecht fühlen oder Schmerz spüren oder unmotiviert sind, dann bedeutet das nicht, dass wir unsere Buddha-Natur verloren haben. Meistens denken wir das leider.
"Buddha-Natur" bedeutet nicht automatisch immer "Gut-Gefühl", sondern es ist die Erkenntnis, dass auch alle Schlecht-Gefühle zu der eigenen Buddha-Fähigkeit gehören, mit seinem Umfeld in Resonanz schwingen zu können.
Noch einmal anders gesagt: Sobald wir uns nicht mehr mit unseren Gefühlen persönlich "identifizieren", sondern sie als reine "Wahrnehmungen" erkannt haben, haben wir auch hinter dieser Wahrnehmungsfähigkeit unsere wahre Buddha-Natur erkannt, die wir nie verloren hatten. Wir konnten sie nur nicht erkennen, weil unsere Identifikation mit dem Schmerzlichem, das wir bisher immer loswerden wollten, uns von dieser Erkenntnis abgehalten hat.
Unsere Buddha-Natur ist die weiße Leinwand, auf der sich unser gesamtes Leben abspielt.
Sie ist kein "Gut-Gefühl".
Natürlich kann es auch sein, dass wir uns schlecht fühlen, weil wir selbst etwas Schmerzvolles in unser Umfeld projizieren, das in "Wirklichkeit" gar nicht da ist. Das habe ich "emotionalen Phantomschmerz" genannt. Ein "Bad End" in unserem Gehirn. In dem Fall ist es unsere Aufgabe, die Wirklichkeit genauer zu erforschen, damit sich die Projektion in unserem Gehirn zu einem Happy End weiterentwickeln kann.
Wann wir einen Schmerz aus unserem Umfeld wahrnehmen und wann wir einen eigenen Schmerz in unser Umfeld projizieren, müssen wir immer wieder neu erforschen und herausbekommen. Dazu bewegen wir uns, sind lebendig und ziehen immer wieder neue Schlüsse aus unseren aktuellen Erfahrungen.
Der Idealfall ist aus meiner Sicht: Man ist sich seiner Buddha-Natur bewusst, ist sich bewusst, dass in seinem Wahrnehmungsspektrum natürlich auch Schmerz vorkommt, kämpft nicht dagegen, sondern erkennt es als einen Teil seiner Buddha-Natur. Und nun ändert man die Hierarchie in sich selbst so, dass man sich - bezogen auf sein eigenes Leben - ganz nach oben stellt. Man selbst ist der "Chef" seines eigenen Lebens und kann frei entscheiden, was man als nächstes tun möchte. Dabei entscheidet man sich dafür, in sein gesamtes Umfeld ganz viel Liebe zu projizieren als auch jeden Schmerz, den man wahrnimmt, in Verständnis und Liebe zu transformieren. Man "verteilt" nur noch liebevolle Rollen an alle anderen Menschen. Und wenn sich jemand schmerzvoll verhält, dann projiziert man liebevoll und mitfühlend, wie viel Schmerz derjenige in seinem Leben wohl schon ertragen musste und wie er sich damit zu identifizieren begonnen hat. Man gibt ihm mitfühlend, liebevoll und verständnisvoll die Rolle: "Der, der seinen Schmerz ganz allmählich transformieren kann."
Gelingt einem das nicht und rutscht man selbst in einen Schmerz und eine Abwehr hinein, dann hat man hier die Möglichkeit, den eigenen geschmerzten Anteil liebevoll anzunehmen und seinen eigenen Schmerz zu transformieren.
Wie gesagt - im utopischen Idealfall aus meiner Sicht ... = Olafs Utopia ;-)
Ingrid Godart hat mir dazu geschrieben:
Vielen Dank für Deinen erhellenden Text. Denn er hat mir klar gemacht, was ich erlebe, seit ich meinen Weg in "den Fußstapfen von Jesus" gehe. (Ich weiß nie, wie ich es sonst formulieren kann, ohne den anderen zu "erschrecken" ;-) )
Ich bin seitdem voller Liebe, die ich einfach fließen lasse. Damit erreiche ich spielend fast alle Menschen, mit denen ich zu tun habe. Da ich im Einzelhandel arbeite, Verkäuferin bei ... im Grenzgebiet Luxemburg, Frankreich, Deutschland bin, habe ich jeden Tag mit vielen Menschen zu tun, die ich nicht immer verstehen kann, weil ich nicht gut französisch spreche. Aber ich konnte bis jetzt fast allen Kunden helfen, weil ich intuitiv verstanden habe, was sie von mir wollen. Meine Chefin nannte es "mit dem Herzen hören".
Auch bei meinen Arbeitskollegen bemerke ich einen ungalublich beflügelnden Effekt, wenn ich sie einfach mit meiner Liebe beschenke, denn sie sind besonders freundlich, gut gelaunt und wir unterstützen uns gegenseitig, ohne vorher darum zu bitten. Jeder versucht dem anderen zu Hilfe zu kommen, die Arbeit zu erleichtern... Es ist wirklich unglaublich. Die Kolleginnen, die etwas sensitiver, intuitiver sind, fragen mich manchmal, was ich denn da mache. Eine Kollegin sagte sogar schon mal zu mir: "Wenn Du da bist, dann ist die Schicht so einfach! Du bist die Gutheit!"
Du kannst Dir sicher vorstellen, dass ich da echt platt war. Denn ich verschenke einfach das gute Gefühl, das ich habe, weiter und die Resonanz ist unglaublich! Das größte, das ich erlebt habe, war die Begegnung mit einem jungen taubstummen Mädchen aus Frankreich, dem ich die richtige Creme empfehlen konnte! Ich war echt fassungslos, dass ich sie verstanden habe! Sie aber auch!
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